Das Wichtigste in Kürze
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Mieter haben gemäß § 536 BGB bei Sach- oder Rechtsmängeln das Recht auf Mietminderung.
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Mietminderung ist möglich, wenn ein erheblicher Mangel die Nutzung der Wohnung beeinträchtigt.
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Die Höhe der Mietminderung wird individuell bestimmt. Mietminderungstabellen und Gerichtsurteile dienen nur als Orientierung, sind aber keine rechtlich bindenden Maßstäbe.
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Wichtige Reihenfolge: Den Mangel detailliert dokumentieren (Fotos, Videos, Protokolle) und dem Vermieter schriftlich – idealerweise per Einschreiben – mit Fristsetzung zur Beseitigung melden; erst nach Fristablauf und ohne Maßnahmen rechtssicher die Miete mindern.
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Vorsicht bei zu hohen Mietminderungen: Mieter sollten die Mietminderung genau berechnen: Ist sie unangemessen hoch, droht eine fristlose Kündigung gemäß § 543 BGB.
Inhaltsverzeichnis
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Wann darf die Miete gemindert werden und wann nicht?
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Um wie viel kann die Miete gemindert werden?
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Das Risiko einer zu hohen Mietminderung durch die Mieter
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Die notwendigen Schritte bis zur erfolgreichen Mietminderung
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Wie wird die Höhe der Mietminderung berechnet?
Wann darf die Miete gemindert werden und wann nicht?
Gründe für eine Minderung
Grundsätzlich kommt eine Mietminderung nur infrage, wenn die Nutzungsmöglichkeit der Wohnung spürbar beeinträchtigt ist, der Mangel bei Abschluss des Mietvertrages noch nicht bekannt gewesen ist und die Mieter den Mangel nicht selbst verursacht haben. D.h., wenn die Wohnung sich nicht wie im Mietvertrag vereinbart nutzen lässt, dann dürfen Mieter die Mietzahlung kürzen. Häufige Gründe sind:
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Schimmelbefall
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Lärm- oder Geruchsbelästigungen
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Heizungsausfall
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Wasserschaden
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verschmutztes Treppenhaus
Wann ist eine Minderung nicht möglich?
Mieter können bei unerheblichen, d.h. geringfügigen Beeinträchtigungen zwar eine umgehende Behebung der Mängel beim Vermieter einfordern, jedoch nicht die Miete kürzen. Schließlich ist nicht alles, was subjektiv als störend empfunden wird, auch ein tatsächlicher Mangel. Beispiele hierfür sind:
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Baulärm (Solange der Vermieter nicht selbst Auftraggeber der Bauarbeiten ist oder eine erhebliche und unzumutbare Beeinträchtigung vorliegt)
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defekte Steckdosen
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abgetretene Türschwellen
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Gelegentliches Hundegebell
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Ausfall des Fahrstuhls in einem niedrigen Gebäude (z. B. bis zur dritten Etage)
Sonderfall: Nachträgliche Mietminderung
Nachträgliche Mietminderungen sind nur in sehr seltenen Einzelfällen möglich. Nachdem Sie Ihren Vermieter unverzüglich gemäß § 536c BGB informiert haben, können Sie die Miete ab diesem Zeitpunkt mindern, bis der Mangel behoben ist. Wenn Sie den Mangel nicht rechtzeitig anzeigen oder die Miete trotz Mangels weiterhin ungekürzt zahlen, kann eine rückwirkende Minderung ausgeschlossen sein.
Um wie viel kann die Miete gemindert werden?
Im Gesetzbuch gibt es keine pauschale Bestimmung darüber, um wie viel Prozent die Miete gemindert werden kann. Allgemein gilt: Die Höhe der Mietminderung hängt von der Dauer sowie dem Grad der Beeinträchtigung durch den Mangel im konkreten Einzelfall ab.
Kalt- oder Warmmiete: Was wird eigentlich gemindert?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in mehreren Urteilen entschieden, dass die Bemessungsgrundlage für die Mietminderung die Warmmiete und nicht die Kaltmiete ist. So zum Beispiel in einem Urteil vom 20. Juli 2007 (Az. VIII ZR 347/04). Die Bruttowarmmiete setzt sich aus Grundmiete, Heizkosten- und Betriebskostenvorauszahlung zusammen.
Gibt es Beispiele zur Orientierung?
Einen ersten Ausgangspunkt für gängige Minderungsquoten bieten einschlägige Gerichtsurteile. Zusammenstellungen solcher Urteile werden als Mietminderungstabellen bezeichnet. Sie bieten Richtwerte für die Höhe von Mietminderungen, basieren aber auf individuellen Fällen. Sie sollten daher nicht einfach auf den eigenen Fall übertragen werden, weil jeder Mietmangel individuell bewertet werden muss. Mit einem juristischen Beistand kann eine solche individuelle Beurteilung am besten durchgeführt werden.
Das Risiko einer zu hohen Mietminderung durch die Mieter
Die Mietminderung muss stets dem Mietmangel angemessen sein. Fällt sie unangemessen hoch aus, droht den Mietern eine fristlose Kündigung durch den Vermieter. Zudem muss mit Nachzahlungen und Verzugszinsen gerechnet werden. Dieses Risiko besteht, wenn der durch die Minderung einbehaltene Betrag insgesamt eine Monatsmiete erreicht und sich herausstellt, dass die Mieter den Mangel selbst verursacht oder zu viel Miete einbehalten haben.
Katharina Whitehead
Leiterin Kundenberatung
Rechtsschutzversicherung
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Katharinas Versicherungstipp:
Mietminderung immer mit Bedacht angehen
Behalten Sie stets im Hinterkopf, dass eine zu hohe Mietminderung erhebliche Risiken mit sich bringt. Wer mehr einbehält, als rechtlich zulässig ist, riskiert nicht nur Nachzahlungen, sondern sogar eine fristlose Kündigung des Mietvertrages. Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte die Minderung gut begründet und in angemessener Höhe erfolgen. Im Zweifel ist es deshalb ratsam, sich rechtlichen Rat vor der Durchführung einer Mietminderung einzuholen.
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Sicherheit durch eine Rechtsschutzversicherung schaffen
Angesichts der rechtlichen Risiken ist es ratsam, eine Mietminderung nur nach anwaltlicher Beratung geltend zu machen. Eine Mietrechtsschutzversicherung sollte zudem frühzeitig abgeschlossen werden, da sie in der Regel keine rückwirkende Deckung bietet.
Die notwendigen Schritte bis zur erfolgreichen Mietminderung
Schritt 1 - Dokumentation der Mängel mithilfe eines Protokolls
Der erste und wichtigste Schritt ist die detaillierte Dokumentation des Mangels durch den Mieter, idealerweise mit Fotos, Videos oder Messwerten. Ein solches Protokoll ist nicht verpflichtend, aber für die eigene Dokumentation dringend zu empfehlen. Sollte der Streit vor Gericht ausgetragen werden, dient das Mängelprotokoll als zentrales Beweismittel. Es stellt eine klare, nachvollziehbare und chronologische Darstellung der bestehenden Schäden dar. Je früher und detaillierter die Dokumentation erfolgt, desto besser. Rückwirkend erstellte Protokolle sind nicht nur fehleranfälliger, sondern es wird mit fortschreitender Zeit schwieriger, einen korrekten und präzisen Ablauf zu rekonstruieren. Darunter leidet schlussendlich die Beweiskraft des Protokolls.
Aufbau eines Mängelprotokolls
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Datum der Feststellung:
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Datum und Uhrzeit an dem der Mangel zum ersten Mal aufgetreten ist
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Bei Lärmbelästigungen: Jedes weitere Datum sowie die exakte Uhrzeit bzw. “von bis”-Angaben, an denen es zu Lärmbelästigungen kommt
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Exakte Beschreibung des Mangel
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Der Mangel, dessen Art und Umfang sowie dessen negative Auswirkung auf die Nutzung der Wohnung sollte so detailliert wie möglich dokumentiert werden
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Es wird dringend empfohlen, die schriftliche Dokumentation mit Fotos, Videos, Werten von Dezibel-Messgeräten (bei Lärmstörungen) usw. zu ergänzen.
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Zeugen
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Wenn Dritte den Mangel bezeugen möchten, können ihre Namen und Aussagen ebenfalls ins Protokoll aufgenommen werden
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Gab es schon eine Meldung an den Vermieter?
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Wurde der Mangel schon gemeldet?
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Wann und wie wurde der Vermieter über den Mangel informiert?
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Wurde eine dem Mangel angemessene Frist zur Beseitigung gesetzt?
Schritt 2 - Mängelanzeige für den Vermieter erstellen
Mündliche Beschwerden sind nicht rechtsverbindlich – eine schriftliche Mängelanzeige per Einschreiben mit Rückschein ist empfehlenswert. Ein rechtssicherer Nachweis der Kommunikation wird auf diese Weise sichergestellt.
Was beinhaltet die Mängelanzeige?
Die Mängelanzeige ist das Schreiben, mit dem der Vermieter über den Mangel informiert und zur Behebung des Mangels aufgefordert wird. Folgende Dinge sind dabei entscheidend:
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Mieter sind zu einer unverzüglichen (d.h. ohne schuldhafte Verzögerung) Meldung an den Vermieter verpflichtet. Wird die Mängelanzeige bewusst unterlassen und der Schaden zwischenzeitlich größer, machen sich Mieter für gewöhnlich schadenersatzpflichtig gegenüber dem Vermieter.
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Der konkrete Mangel sowie dessen negative Auswirkung auf die Nutzung der Mietimmobilie muss präzise dokumentiert werden. Fotos können ergänzend hinzugefügt werden, damit sich Vermieter ein genaueres Bild machen können. Bei wiederkehrenden Mängeln, bspw. Lärmstörungen, genügt eine Beschreibung der Art, Dauer und Uhrzeiten.
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Mieter müssen keine Angaben zu möglichen Ursachen machen, sondern nur den Mangel an sich beschreiben (BGH-Urteil vom 29. Februar 2012 mit der Aktennummer VIII ZR 155/11).
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Dem Vermieter wird eine realistische Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt. Gesetzlich ist nicht definiert, was eine “angemessene Frist” ist. Generell gilt: Je komplexer das zu behebende Problem ist, desto mehr Zeit muss dem Vermieter im Normalfall eingeräumt werden. So kann dem Vermieter beispielsweise bei mäßigem Schimmelbefall eine Frist von sieben Werktagen gesetzt werden, in der er eine Terminvereinbarung mit einem Fachunternehmen zur Begutachtung vor Ort arrangieren muss, um die Behebung einzuleiten.
Kann der Vermieter die Mängelanzeige ablehnen?
Nein, der Vermieter muss einer Mängelanzeige nachgehen. Er kann jedoch bestreiten, dass ein relevanter Mangel vorliegt, oder eine eigene Frist zur Behebung vorschlagen. Nach § 535 BGB ist der Vermieter dazu verpflichtet, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu halten. Liegt ein Mangel vor, haben Mieter die Verpflichtung, das dem Vermieter mitzuteilen. Vermieter können aber prüfen, ob tatsächlich ein Mangel vorliegt.
Schritt 3 - Die Mietminderung, wenn der Mangel nicht behoben wird
Mieter haben im Wesentlichen zwei Optionen, wenn der Mangel trotz Mängelanzeige und gesetzter Frist nicht behoben wird:
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Option 1: Mietminderung. Mieter informieren den Vermieter über den Zeitpunkt des Beginns sowie die Höhe der Mietminderung. Sie gilt, bis der Mangel vollständig behoben ist.
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Option 2: Zahlung eines Teils der Miete unter Vorbehalt: Hier wird der Vermieter darüber informiert, dass ein prozentualer Anteil zwar nicht sofort einbehalten, aber nur unter Vorbehalt bis zur Klärung vor Gericht gezahlt wird. Verliert der Vermieter den Prozess, muss er dem Mieter den Betrag erstatten. Diese Option empfiehlt sich, wenn schon vor dem Eintritt des Mangels eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen wurde und die Wartezeit abgelaufen ist.
Mietminderung Tabelle mit Beispielen für die Höhe und Berechnung
Die folgende Tabelle enthält Beispiele vergangener Gerichtsentscheidungen zu Mietminderungen. Sie dient lediglich der Orientierung und stellt keine Garantie dar, dass in vergleichbaren Fällen eine Minderung in gleicher Höhe gewährt wird. Die tatsächliche Höhe einer Mietminderung hängt stets von den individuellen Umständen des Einzelfalls ab.
Minderungsquote: Wie viel Miete in den Einzelfällen einbehalten wurde
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Minderungsgrund
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Gericht
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0 %
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Stehendesn Wasser auf dem Balkon nach heftigem Regen
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LG Berlin, 05.10.2010, 63 S 619/09
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0 %
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Baulärm vom Nachbargrundstück
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LG Berlin, 09.02.2016, 63 S 177/15
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10 %
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Defekte Regenrinne
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BGH, 06.04.2005, XII ZR 225/03
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10 %
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Undichte Wohnungstür
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AG Köln, 29.05.2013, 214 C 198/12
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20 %
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Schimmelbefall der Wohnung aufgrund von baulichen Mängeln an den Fenstern
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AG Köln, 07.10.2014, 211 C 446/13
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20 %
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Gesundheitsgefahr durch beschädigte Asbestplatten in der Wohnung
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LG Berlin, 11.02.2016, 18 S 133/15
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50 %
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Schimmelbefall aufgrund von baulichen Mängeln
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AG Krefeld, 12.06.2007, 12 C 301/06
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50 %
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Störung der Heizungsanlage in einem Steuerberaterbüro
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KG Berlin, 28.04.2008, 8 U 209/07
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100 %
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Unbewohnbarkeit der Wohnung nach einem Brand
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AG Bremen, 27.07.2016, 17 C 68/15
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100 %
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Mäuseplage in einer Stadtwohnung mit mehreren gleichzeitig sichtbaren Mäusen im Wohnzimmer
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AG Brandenburg, 06.08.2001, 32 C 520/00
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Wie wird die Höhe der Mietminderung berechnet?
Berechnungsgrundlage für die Mietminderung ist die Bruttowarmmiete.
Berechnungsbeispiel 1: Der Mangel besteht den gesamten Monat über
So errechnen Sie den Minderungsbetrag: Die Bruttowarmmiete beträgt 1.000 € und Sie dürfen die Miete um 10 % kürzen: 1.000 € / 100 × 10 = 100 €. Die Mietminderung beträgt also 100 €.
Berechnungsbeispiel 2: Mietminderung bei zeitweisem Mangel (Wichtig: Die Minderung beginnt frühestens mit der Anzeige des Mangels beim Vermieter (§ 536c BGB))
Falls der Mangel nur an bestimmten Tagen eines Monats auftritt, berechnet sich die Mietminderung so:
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Bestimmen Sie den monatlichen Minderungsbetrag (siehe Berechnungsbeispiel 1).
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Multiplizieren Sie ihn mit der Anzahl der betroffenen Tage.
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Teilen Sie das Ergebnis durch die Anzahl der Tage des Monats.
Beispiel:
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Mietminderung: 100 € pro Monat
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Mangel besteht 14 Tage im Oktober (dieser Monat hat 31 Tage)
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Rechnung: 100 € × 14 / 31 = 45,16 €
Die Mietminderung für diese 14 Tage beträgt 45,16 €.