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Kündigung unwirksam: Am Sonntag muss niemand mit Post rechnen

München, 12.11.2015 | 12:03 | mtr

Arbeitnehmer müssen nicht damit rechnen, dass sie an einem Sonntag von ihrem Arbeitgeber ein Kündigungsschreiben in den Briefkasten geworfen bekommen. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer weiß, dass die Probezeit am Sonntag endet und der Arbeitgeber sonntags arbeitet. Das geht aus einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein hervor, das am Mittwoch veröffentlich wurde.

Eine Frau leert ihre Post aus dem Briefkasten.Am Sonntag wird normalerweise keine Briefpost zugestellt. Deshalb gibt es auch keine grundsätzliche Pflicht zu prüfen, ob jemand einen wichtigen Brief eingeworfen hat.

Eine Willenserklärung – in diesem Fall das Kündigungsschreiben – gilt juristisch gesehen als zugestellt, wenn sie in den Machtbereich des Empfängers gelangt und typischerweise damit zu rechnen ist, dass dieser davon Kenntnis erlangt. Als Machtbereich gilt beispielsweise der Briefkasten. Auf diese Definition aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch hat wohl auch die Rechtsanwaltskanzlei vertraut, als sie ihrer Rechtsanwaltsgehilfin am Sonntag, den 30. November 2014 die Kündigung in den Briefkasten warf.

Der Einwurf am Sonntag war deshalb so dringend, weil an dem Tag die Probezeit endete und die gesetzliche Kündigungsfrist lediglich zwei und nicht vier Wochen betrug. Da die Anwaltsgehilfin erst am Montag ihren Briefkasten leerte und das Kündigungsschreiben entdeckte, war die Probezeit bereits abgelaufen. Da das Schreiben in ihren Augen unwirksam war, klagte die Frau gegen die Kündigung. Bereits in der ersten Instanz hatte sie damit Erfolg.
 

Briefe, die sonntags eingeworfen werden, gelten als montags zugestellt

Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein bestätigte das Urteil der Erstinstanz. Auch die Kieler Richter begründeten ihr Urteil damit, dass Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet seien, ihren Briefkasten am Sonntag zu überprüfen. Es spiele auch keine Rolle, dass am Sonntag Wochenblätter verteilt werden. Solche Postwurfsendungen seien mit dem Zugang regulärer Briefpost nicht vergleichbar.

Auch wenn das Kündigungsschreiben bereits am Sonntag eingeworfen worden war, sei der Einwurf so zu werten, als wäre die Kündigung am darauffolgenden Werktag zugegangen. Das Arbeitsverhältnis konnte daher nur unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist von vier Wochen zum 31. Dezember 2014 beendet werden, urteilten die Landesarbeitsrichter.
 
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