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Gesetzliche Unfall­versicherung

Arbeitnehmer sind über die gesetzliche Unfall­versicherung bei Unfällen oder Berufs­krankheiten abgesichert. Auch Schüler, Studenten oder Kindergarten­kinder stehen unter dem gesetzlichen Unfallschutz. Bei Unfällen in der Freizeit leistet die gesetzliche Unfallversicherung jedoch nicht.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die gesetzliche Unfallversicherung schützt Arbeitnehmer, Schüler und Studenten bei einem Unfall.
  • Die Versicherung leistet bei einem Unfall auf der Arbeit, in der Schule oder auf dem Weg dorthin (Wegeunfall). Auch Berufskrankheiten können anerkannt werden.
  • Die meisten Selbstständigen sind nicht in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert.
  • Bei Unfällen in der Freizeit leistet die gesetzliche Unfallversicherung nicht.

Was ist die gesetzliche Unfallversicherung?

Die gesetzliche Unfallversicherung gehört wie die Arbeitslosen-, Renten-, Kranken- und Pflege­versicherung zu den Sozial­versicherungen in Deutschland. Sie soll vor allem Arbeitnehmer schützen, die bei ihrer Tätigkeit einen Unfall erleiden oder wegen ihrer Arbeit erkranken. Die Firma zahlt dafür Beiträge an die zuständige Berufs­genossenschaft, die Beschäftigten selbst müssen keine eigenen Beiträge leisten.

Gesetzlicher Unfallschutz seit 1884

Die gesetzliche Unfallversicherung wurde im Jahr 1884 eingerichtet, als im Zuge der Industrialisierung schlechte Arbeits­bedingungen mit vielen Unfällen in den Fabriken vorherrschten. In dieser Zeit wurden neben der Unfallversicherung auch die gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung zur sozialen Absicherung der Arbeiter ins Leben gerufen.

Wer ist versichert?

Über die Unfallversicherung sind heutzutage nicht nur Arbeitnehmer abgesichert. Der gesetzliche Unfallschutz gilt unter anderem auch für Schüler und Studenten, Ersthelfer bei einem Unfall oder Menschen, die einen Familienangehörigen oder Nachbarn zu Hause pflegen.

Versichert sind vor allem diese Personen:

  • Arbeitnehmer
  • Auszubildende
  • Mini-Jobber
  • Schüler, Studenten und Kinder in Betreuungseinrichtungen
  • Arbeitslose auf dem Weg zum Arbeitsamt oder Bewerbungsgespräch
  • unentgeltlich pflegende Personen (z.B. für den Nachbarn oder Partner)
  • ehrenamtlich tätige Personen (z.B. Freiwillige Feuerwehr, Sportverein)
  • Entwicklungshelfer
  • Ersthelfer bei einem Unfall

Wer ist nicht versichert?

Selbstständige sind grundsätzlich nicht versichert. Es gibt nur wenige Berufsgruppen, bei denen sie pflichtversichert sind und daher Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung zahlen müssen.

Dazu gehören etwa Unternehmer, die im Gesundheitsdienst oder in der Wohlfahrtspflege arbeiten. Auch Landwirte sind über die gesetzliche Unfallversicherung per Gesetz abgesichert.

Pflichtversichert sind vor allem diese Selbstständigen:

  • Hebammen
  • Physiotherapeuten / Masseure
  • Logopäden
  • Landwirte

Alle anderen Selbstständigen und Freiberufler wie etwa Ärzte, Heilpraktiker oder Rechts­anwälte können sich freiwillig absichern. Dazu müssen sie einen Antrag beim zuständigen Träger ihrer Unfall­versicherung stellen und dann Beiträge zahlen.

Beamte nicht über Unfallversicherung abgesichert

Beamte sind nicht über die gesetzliche Unfall­versicherung abgesichert. Bei einem Dienst­unfall kommt bei ihnen der Dienstherr über die Unfallfürsorge für mögliche Folgen auf und zahlt etwa ein Unfallruhe­gehalt oder die Kosten der Heilbehandlung.

Wann zahlt die Unfallversicherung?

Der Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung gilt für Unfälle in der Arbeit, Schule oder Kita oder auf dem Weg dorthin. Auch bei Berufskrankheiten oder beruflichen Fortbildungen sind Beschäftigte gesetzlich abgesichert.

Arbeitsunfall

Die gesetzliche Unfallversicherung leistet, wenn Versicherte bei der Arbeit einen Unfall haben, der zu einer Verletzung oder in schweren Fällen zum Tod führt. Das Sozialgesetzbuch regelt, was genau als Arbeitsunfall gilt.

Definition eines Unfalls im Sozialgesetzbuch

Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.

Quelle: § 8 Absatz 1 SGB VII

Es muss sich daher um ein von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis handeln. Ziehen Sie sich etwa beim Gehen einen Bänderriss zu, gilt dies nicht als versicherter Arbeitsunfall.

Das Homeoffice ist vom Gesetz her dem Arbeitsplatz in der Firma gleichgestellt. Es macht daher also keinen Unterschied, ob Sie sich beim Arbeiten im Büro oder am Schreibtisch in der eigenen Wohnung verletzen.

Verletzt sich ein Schüler im Sportunterricht, ein Student an der Uni oder ein Kind in der Kita, gilt dies ebenfalls als Arbeitsunfall.

Wegeunfall

Auch der Weg zur Arbeit und zurück steht unter dem gesetzlichen Unfallschutz. Das gleiche gilt bei Schülern und Studenten für den Weg zur Schule oder Uni. Es zählt allerdings immer nur der direkte Weg, Sie dürfen dabei keinen Umweg machen.

Verlassen Sie zum Beispiel den direkten Weg zur Firma, um unterwegs noch privat zu tanken, haben Sie keinen gesetzlichen Unfallschutz. Erst, wenn Sie wieder auf den direkten Arbeitsweg zurückkehren, gilt der Unfallschutz erneut.

Versicherungsschutz erst ab der Außentür

Der Versicherungsschutz auf dem Arbeitsweg gilt erst, wenn Sie Ihr Haus verlassen und durch die Außentür treten. Sollten Sie etwa in einem Mehrfamilienhaus im Treppenhaus stürzen und sich verletzen, sind Sie nicht über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert.

Berufskrankheit

Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt auch, wenn Sie durch Ihre Arbeit krank werden sollten. Das wäre etwa der Fall, wenn Sie in der Produktion mit krebserregenden Stoffen in Kontakt kommen und dadurch erkranken.

Zurzeit gibt es 82 Berufs­krankheiten, die grundsätzlich durch die gesetzliche Unfallversicherung als solche anerkannt werden können und in der Berufskrankheiten-Verordnung definiert werden (Stand: 11/2024). Dazu zählen etwa eine Kniearthrose wegen belastender Tätigkeiten im Knien oder Erkrankungen durch den Kontakt mit Schwermetallen.

Darüber hinaus können in Ausnahmefällen auch weitere Erkrankungen als Berufskrankheit eingestuft werden. Dazu muss man allerdings nachweisen, dass man in seinem Beruf ein deutlich erhöhtes Erkrankungs­risiko hatte. Solche Erkrankungen können dann als „Wie-Berufskrankheit” anerkannt werden. Dazu gehört etwa eine posttraumatische Belastungsstörung.

Infektion mit dem Coronavirus

Infizieren Sie sich auf der Arbeit mit dem Coronavirus, kann dies je nach Einzelfall als Berufskrankheit (Nummer 3101 der Krankheitsliste) oder als Arbeits­unfall anerkannt werden.

Im Jahr 2023 wurden rund 145.000 Verdachtsanzeigen auf das Vorliegen einer Berufskrankheit bei der gesetzlichen Unfallversicherung eingereicht.

Lehnt die Unfallversicherung eine Anerkennung als Berufskrankheit ab, kann man dagegen innerhalb von vier Wochen Widerspruch einlegen. Bestätigt der zuständige Ausschuss den negativen Bescheid, bleibt der Weg vor das Sozialgericht. Allerdings sind Klagen nur in rund zehn Prozent der Fälle erfolgreich.

Mittagspause

Bei einem Unfall während der Mittagspause schaut die gesetzliche Unfallversicherung ganz genau hin. Denn grundsätzlich gibt es während der Pause keinen Versicherungs­schutz – die Arbeit ruht ja schließlich. Allerdings ist der Weg zur Kantine oder zum Pausenraum versichert. Sollten Sie dabei stolpern und sich verletzen, zahlt die Unfallversicherung. Stolpen Sie allerdings erst hinter der Eingangstür, gibt es keine Leistungen.

Nach dem gleichen Prinzip ist der Versicherungs­schutz im Homeoffice geregelt. Verlassen Sie etwa Ihr Arbeitszimmer, um in der Küche Mittagspause zu machen, sind Sie auf dem Weg dorthin versichert. Was in der Küche passiert, ist dagegen für die gesetzliche Unfallversicherung Privatsache – hier haben Sie keinen Unfall­schutz mehr.

Betriebsfest und Fortbildungen

Auf einem Betriebsfest oder einer Fortbildung, die Sie für Ihren Beruf benötigen, sind Sie gesetzlich unfallversichert. Das gilt auch auf den Wegen dorthin. Grundsätzlich gilt der Versicherungs­schutz für alle betrieblichen Veranstaltungen, wenn sie der Arbeitgeber organisiert. Feiern Sie hingegen privat mit Kollegen, sind Sie nicht versichert.

Meldung eines Arbeitsunfalls

Haben Sie einen Unfall bei der Arbeit oder auf dem Arbeitsweg, müssen Sie Ihren Arbeitgeber informieren und einen Durchgangsarzt aufsuchen. Dies ist ein Facharzt für Chirurgie und Orthopädie, der eine spezielle Zulassung der Unfallversicherung besitzt. Auch im Krankenhaus gibt es oft solche Ärzte. Sollten Sie mehr als drei Tage arbeits­unfähig sein, muss Ihr Arbeitgeber den Unfall dem zuständigen Träger der Unfall­versicherung melden.

Was leistet die Unfallversicherung?

Gesetzliche Unfallversicherung: Bauarbeiter auf einer BaustelleDie gesetzliche Unfallversicherung übernimmt nach einem Arbeitsunfall oder bei einer Berufskrankheit die Kosten für die ärztliche Behandlung und zahlt bei schweren gesundheitlichen Folgen auch eine monatliche Rente.

Heilbehandlungen

Die Unfallkasse oder Berufsgenossenschaft zahlt die Kosten für die Heilbehandlungen nach einem Unfall. Anders als die gesetzliche Krankenversicherung übernimmt die Unfallversicherung nicht nur medizinisch notwendige Therapien. Die Vorgabe ist hier, dass der Versicherte nach einem Unfall möglichst schnell wieder gesund wird und an seinen Arbeitsplatz zurückkehren kann.

Verletztengeld

Wer nach einem Unfall mehr als sechs Wochen arbeits­unfähig ist, erhält von der Unfallversicherung ein Verletzten­geld in Höhe von 80 Prozent des Bruttogehalts (Regelentgelts). Es ist dabei maximal so hoch wie das regelmäßige Nettogehalt und wird für bis zu 78 Wochen gezahlt.

Übergangsgeld

Nehmen Sie nach einem Unfall an einer Umschulung teil, erhalten Sie für die Dauer dieser Maßnahme ein Übergangsgeld. Die monatlichen Zahlungen betragen 68 Prozent des Verletztengeldes. Wenn Sie mindestens ein Kind haben oder pflegebedürftig sind, erhöht sich die Leistung auf 75 Prozent.

Pflegegeld

Werden Sie nach einem Arbeitsunfall pflegebedürftig, haben Sie Anspruch auf ein Pflegegeld der Unfallversicherung. Dies soll die Kosten für die Pflege zu Hause oder im Heim decken. Wie hoch das Pflegegeld ausfällt, hängt vom Grad der Beein­trächtigung und damit Ihrer Pflege­bedürftigkeit ab.

Rentenzahlungen

Können Sie nach einem Unfall dauerhaft nicht mehr oder nur noch eingeschränkt arbeiten, zahlt die Versicherung eine monatliche Rente. Die Höhe richtet sich nach der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) und dem bislang erzielten Verdienst.

Wer seine Erwerbsfähigkeit vollständig verliert, erhält eine Vollrente in Höhe von zwei Dritteln seines vor dem Unfall erzielten Jahres­verdienstes. Bei einem teilweisen Verlust der Erwerbsfähigkeit wird die Rente anteilig ausgezahlt – also beispielsweise 30 Prozent der Vollrente. Damit eine Unfallrente ausgezahlt wird, muss Ihre Erwerbsfähigkeit dauerhaft um mindestens 20 Prozent gemindert sein.

Leistungen an Hinterbliebene

Sollte ein Versicherter nach einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit sterben, haben die Angehörigen Anspruch auf Hinterbliebenenleistungen. Für die Kosten der Bestattung zahlt die Unfallversicherung ein pauschales Sterbegeld. Sollte eine Überführung nötig sein, werden unter bestimmten Voraussetzungen auch diese Kosten übernommen.

Ehepartner oder eingetragene Lebenspartner erhalten ebenso wie Kinder eine Hinterbliebenen­rente. Partner haben dabei im Sterbemonat sowie in den folgenden drei Kalendermonaten Anspruch auf eine Rente in Höhe von zwei Dritteln des Jahres­verdienstes des Verstorbenen. Danach sinken die Zahlungen auf 30 Prozent des früheren Verdienstes, die Rente wird insgesamt zwei Jahre lang gezahlt.

Kinder erhalten eine Rente in der Regel bis zur Volljährigkeit oder dem Abschluss ihrer Ausbildung (maximal bis zum 27. Lebensjahr).

Unter bestimmten Voraussetzungen zahlt die Unfallversicherung eine große Witwen- oder Witwerrente. Dazu muss der hinterbliebene Partner mindestens 47 Jahre alt oder erwerbsgemindert sein oder ein Kind großziehen. Er erhält dann auf Dauer eine Rente in Höhe von 40 Prozent des Jahres­verdienstes des verstorbenen Partners.

Witwen- und Waisenrente der gesetzlichen Renten­versicherung

Meist haben Angehörige auch Anspruch auf eine Witwenrente oder Waisenrente der gesetzlichen Rentenversicherung. Je nach Höhe der Rentenzahlungen der Unfall­versicherung kürzt die Rentenversicherung unter Umständen die Witwen- oder Waisenrente.

Was tun, wenn Leistungen abgelehnt werden?

Erkennt die gesetzliche Unfallversicherung einen Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit nicht an und lehnt Leistungen ab, können Sie Widerspruch dagegen einlegen. Dies muss innerhalb von vier Wochen nach Erhalt des schriftlichen Bescheids erfolgen – am besten per Einschreiben.

Hat das keinen Erfolg, bleibt Ihnen noch die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vor dem Sozialgericht. Das Verfahren ist grundsätzlich kostenlos, allerdings sollten Sie möglichst einen Fachanwalt beauftragen, der Sie juristisch berät und vor Gericht vertritt. Sollte Ihre Klage abgewiesen werden, bleiben Sie auf den Anwaltskosten sitzen, sofern Sie keine Rechtsschutzversicherung haben. Wer sich keinen Anwalt leisten kann, erhält unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe.

Ein Widerspruch gegen eine Ablehnung kann durchaus Erfolg haben. Manche Klagen gehen bis vor das Bundessozialgericht (BSG) – beispielsweise die Klage eines ehemaligen Rauchers auf Anerkennung seiner Krebserkrankung als Berufskrankheit, über die das BSG im September 2023 zu entscheiden hatte.

Kein Schutz in der Mittagspause, bei Umwegen oder in der Freizeit

Die gesetzliche Unfallversicherung ist vor allem für Arbeitnehmer ein wichtiger Schutz. Sie hat allerdings ihre Lücken: Unfälle in der Mittagspause, bei einem Umweg auf dem Arbeitsweg oder generell in der Freizeit sind nicht abgesichert. Wer sich rund um die Uhr schützen möchte – etwa auch bei gefährlichen Hobbys – sollte eine private Unfallversicherung abschließen.

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