Warum kommt es zu Beitragsanpassungen in der Wohngebäudeversicherung?
Das Wichtigste in Kürze:
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Höhere Schadenhäufigkeit und Schadenhöhe bedingt durch Extremwetterereignisse führen zu Beitragsangleichungen
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Bei einer Steigerung des Beitrags ohne Leistungsanpassung besteht ein Sonderkündigungsrecht für Versicherte
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Bei einer Indexerhöhung, welche auf dem Anpassungsfaktor basiert, gilt kein Sonderkündigungsrecht
Eine Beitragsanpassung kann vom Versicherer vorgenommen werden, wenn die Schadenhäufigkeit oder die Schadenhöhe ansteigt. Diese Erhöhung des Beitrags ohne Leistungsanpassung darf erfolgen, wenn ein Anstieg von mindestens fünf Prozent der durchschnittlichen Schadenaufwendungen im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen ist.
Vor allem mit der verheerenden Flut im Ahrtal 2021 zahlten Versicherer in Deutschland so viel Geld wie noch nie zuvor für Schäden durch Naturgefahren. Durch die Ereignisse aus 2021 wurden mindestens fünf Prozent der durchschnittlichen Schadenaufwendung erreicht. Mit der erhöhten Frequenz sowie Schwere an Schäden in dem betroffenen Jahr müssen Wohngebäudeversicherer handeln und ihre Prämien den Umständen anpassen, damit Schäden auch in Zukunft von der Versicherung abgedeckt werden können.
Höchste Schadenssumme in der Wohngebäudesparte
Laut dem Gesamtverband der Versicherungen (GDV) entstanden 2021 rund 12,5 Milliarden Euro versicherte Schäden an Häusern, Hausrat, Betrieben sowie Kraftfahrzeugen. Allein neun Milliarden Euro entfielen auf Schäden an Wohngebäuden.
Gründe zur Beitragsanpassung in der Wohngebäudeversicherung
Neben dem Klimawandel, der vermehrt zu Extremwetterereignissen führt und hohe Schadenssummen verursacht, spielt auch der so genannte gleitende Neuwertfaktor eine zentrale Rolle für die Beitragsanpassung der Wohngebäudeversicherer.
Da einige Wohngebäudeversicherer Gebäude zum gleitenden Neuwert absichern, werden im Versicherungsfall anfallende Kosten für Reparaturen beziehungsweise zur Wiederherstellung auch dann übernommen, wenn diese höher sind als die ursprünglichen Baukosten.
Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) veröffentlicht jährlich einen neuen gleitenden Neuwertfaktor, der auch Anpassungsfaktor genannt wird. Dieser wird auf Grundlage des Baupreisindexes für Wohngebäude sowie des Tariflohnindexes für Baugewerbe ermittelt. Wohngebäudeversicherer sind dazu verpflichtet, ihre Beiträge jährlich an diese Indexerhöhung anzugleichen. Dadurch entspricht der Versicherungsschutz der gegenwärtigen Baupreisentwicklung, was aktuell mit steigenden Beitragssätzen einhergeht.
Kosten für Baumaterialien
Der Anstieg von Löhnen und den Kosten für Baumaterialien ist auf die Corona-Pandemie und den Lieferkettenunterbrechungen aus diesem Zeitraum zurückzuführen. Erzeugerpreise für einzelne Baustoffe wie Holz oder Stahl sind laut Statistischem Bundesamt im Jahresdurchschnitt 2021 so stark wie noch nie seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949 gestiegen. Die Preise für Konstruktionsvollholz haben sich demnach um 77,3% gegenüber dem Vorjahresdurchschnitt verteuert. Dachlatten sind um 65,1% und Bauholz um 61,4% gestiegen.
Der Jahresbeitrag wird alleine durch den neuen Anpassungsfaktor in 2023 um rund 15% steigen. Folgende Beispielrechnung verdeutlicht diese Entwicklung.
Berechnungsbeispiel:
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Versichertes Gebäude: Einfamilienhaus, Massiv-Bauweise (harte Bedachung, nicht ausgebaut, 1 OG ohne Keller), insgesamt 120 qm in 01067 Dresden
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Versicherte Gefahren: Feuer & Blitzschlag, Leitungswasser, Sturm & Hagel
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Baujahr: 2000
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Selbstbeteiligung: keine
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Jahresbeitrag vor Indexanpassung: Gothaer Plus 207,62 €
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Erhöhung des Jahresbeitrages alleine durch die Indexanpassung um 31,14 € (hinzu kommt in der Regel noch ein Zuschlag aufgrund des steigenden Gebäudealters im neuen Jahr; in dem Beispiel wären das zusätzlich 2,58 %)
Sonderkündigungsrecht bei Beitragserhöhungen
Bei einer Erhöhung des Versicherungsbeitrags ohne Leistungsanpassung besteht für Versicherungsnehmer grundsätzlich ein Sonderkündigungsrecht. Nachdem der Versicherer Sie schriftlich über die Beitragserhöhung informiert hat, haben Sie innerhalb eines Monats die Möglichkeit eine Kündigung einzureichen.
Ein Wechsel der Wohngebäudeversicherung sollte allerdings gründlich überlegt werden. Sollte es in den letzten Jahren am Gebäude zu Schäden gekommen sein, erhebt ein Großteil der Versicherer Zuschläge für die Vorschäden.
Beitragsanpassungen können außerdem grundsätzlich immer wieder spartenweit anfallen – nicht zuletzt durch den Klimawandel und der ständigen Zunahme von Extremwetter.
Kein Sonderkündigungsrecht bei Indexerhöhung
Bei einer Erhöhung der Versicherungsbeiträge durch den Anpassungsfaktor (Indexerhöhung) ist keine außerordentliche Kündigung möglich.
Gebäudeversicherung vergleichen und wechseln
Eine Wohngebäudeversicherung ist ein sinnvoller und in Hinblick auf den Klimawandel ein unerlässlicher Schutz für Ihr Gebäude. Bei einem bestehenden Versicherungsschutz von über fünf Jahren ohne Vorschäden kann sich ein Wechsel der Versicherung lohnen. Die Vielzahl an Tarifen im CHECK24 Vergleich der Wohngebäudeversicherung bietet die Möglichkeit, einen Schutz zu einem günstigen Beitrag bei gleichbleibendem Leistungsumfang zu finden und abzuschließen.