Wer überlegt, seine Baufinanzierung noch während der mit der Bank vereinbarten Zinsbindung vorzeitig zurückzuzahlen, muss wissen, dass die Vorfälligkeitsentschädigung neben diversen rechtlichen Voraussetzungen dabei eine wichtige Rolle spielt.
Bei einer Vorfälligkeitsentschädigung handelt es sich um ein Entgelt, das Kreditnehmer in der Regel an ihre Bank zahlen müssen, wenn sie ihren Immobilienkredit vor Ablauf der Sollzinsbindung vorzeitig zurückzahlen. Dies gilt auch für Teilrückzahlungen, etwa wenn ein Darlehensnehmer eine größere Summe durch einen Bonus oder eine Erbschaft zurückzahlen möchte. Eine vorzeitige Kreditablöse ist bei Baufinanzierungen jedoch nur im Ausnahmefall möglich.
Banken dürfen unter gewissen Voraussetzungen eine Vorfälligkeitsentschädigung erheben, da ihnen bei der vorzeitigen Rücknahme des Immobiliendarlehens durch den Wegfall von Zinszahlungen ein finanzieller Schaden entsteht. Diesen versuchen sie mit dem Entgelt einzudämmen beziehungsweise auszugleichen.
Banken müssen einer vorzeitigen Rückzahlung des gesamten oder eines Teiles des Darlehens keinesfalls zustimmen. Denn Kreditinstitute sind bei Baufinanzierungen - im Gegensatz zu Ratenkrediten - nicht grundsätzlich dazu verpflichtet, Kreditnehmern während der Sollzinsbindung eine vorzeitige Kreditablöse zu ermöglichen. In den Fällen, in denen vorzeitig zurückgezahlt wird, hat die Bank jedoch fast immer ein Recht auf Vorfälligkeitsentschädigung.
Bei Vertragsabschluss einigen sich Bank und Darlehensnehmer darauf, wie lange der vereinbarte Kreditzins (Sollzins) gültig sein soll. Während dieses Zeitraums, der sogenannten Sollzinsbindung, darf die Bank den Zinssatz nicht verändern. Das verschafft beiden Parteien Planungssicherheit. Kreditnehmer können darauf vertrauen, dass die Bank den Kreditzins nicht nach Belieben erhöht, sich also die Kosten für das Darlehen während der Zinsbindungsfrist nicht erhöhen. Das Geldhaus hat den Vorteil, dass es seinen Zinsertrag relativ genau kalkulieren kann. Die vorzeitige Rückzahlung einer Baufinanzierung schmälert allerdings diese Zinseinnahmen der Bank, weil sie geringere Zinszahlungen vom Darlehensnehmer erhält. Um ihre Verluste zu begrenzen, stellt sie in jenen Situationen, wo die Kreditablöse doch möglich ist, die Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung.
Zum Thema Vorfälligkeitsentschädigung bei Verkauf der Immobilie ist es wichtig zu wissen, dass dies das Paradebeispiel eines Falles ist, in dem Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss. Denn zum einen ist die Sonderkündigung einer Baufinanzierung meist ohnehin nur möglich, wenn Kreditnehmer die Immobilie veräußern. Zum anderen wird die Bank in der Regel auch beim Hausverkauf Vorfälligkeitsentschädigung berechnen.
Der Anspruch der Bank auf eine Vorfälligkeitsentschädigung beim Immobilienverkauf ist gesetzlich geregelt (§ 490 Abs. 2 Satz 3 BGB). Die Kündigungsfrist liegt bei sechs Monaten. Die Bank muss die vorzeitige Kreditablöse akzeptieren, egal ob der Kreditnehmer die Immobilie aus beruflichen (zum Beispiel wegen eines Umzugs) oder privaten Gründen verkauft.
Tipp: Wann Kreditnehmer keine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen müssen, erfahren Sie hier.
Im Einzelfall kann es eventuell weitere Ausnahmen geben, in denen Banken die Rückzahlung des Darlehens während der Sollzinsbindung gestatten. Zur vorzeitigen Kreditablöse sind Finanzinstitute allerdings nur beim Immobilienverkauf oder bei einer Absage zur Erhöhung der Kreditsumme durch die Bank gesetzlich verpflichtet. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es beispielsweise nicht möglich ist, eine Baufinanzierung während der Zinsbindungsfrist umzuschulden, etwa weil die Baufinanzierungszinsen in der Zwischenzeit gesunken sind. Dieses Szenario kann eintreten, wenn sich die finanzmarktwirtschaftliche Situation verändert, denn diese beeinflusst wiederum das Zinsniveau von Baufinanzierungskrediten. Wer zu diesem Zeitpunkt allerdings schon seit ein paar Jahren sein Immobiliendarlehen abbezahlt, kann während der Zinsfestschreibung keine klassische Umschuldung wie bei einem Ratenkredit vornehmen. Es sei denn, der Darlehensgeber stimmt einer außerordentlichen Kündigung zu, dazu ist er allerdings nicht verpflichtet.
Selbst ein spontaner Geldsegen, wie beispielsweise eine Erbschaft oder ein Lottogewinn, verhilft Kreditnehmern nicht zwingendermaßen zur sofortigen Schuldenfreiheit. Denn auch in diesen Fällen muss die Bank während der Zinsfestschreibung einer zinsgebundenen Immobilienfinanzierung einer vorzeitigen Kreditablöse bzw. Teilrückzahlung nicht zustimmen. Wer dennoch flexibel auf solche Ereignisse beziehungsweise den Erhalt von Prämien und Boni oder Renditen aus festen Anlagen reagieren können möchte, sollte unbedingt vor dem Abschluss der Baufinanzierung die Möglichkeit zu (kostenlosen) Sondertilgungen vertraglich festhalten. Denn damit gibt die Bank dem Kreditnehmer die Chance, ein- oder mehrmals pro Jahr außerordentliche Rückzahlungen vorzunehmen. Von diesem Recht muss er nicht Gebrauch machen, tut er es aber, kann er damit das Darlehen schneller zurückzahlen, sodass sich die Gesamtkosten reduzieren. Eine Sondertilgung kann jedoch nicht dafür genutzt werden, um ein Darlehen komplett zurückzuzahlen.
Wer von günstigen Zinsen profitieren möchte, sollte sich diese so bald wie möglich sichern. Eine Anschlussfinanzierung macht's möglich. Ausführliche Informationen zum Thema finden Sie hier.
Es gibt drei Fälle, in denen die Finanzinstitute bei einer Kündigung einer Baufinanzierung während der Sollzinsbindung keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen dürfen:
Die Vorfälligkeitsentschädigung umgehen können Kreditnehmer, die nach zehn Jahren Kreditlaufzeit ihre Baufinanzierung innerhalb der noch bestehenden Sollzinsbindung kündigen. Dann haben sie das Recht, ihren Kredit ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurückzuzahlen, selbst wenn die Zinsbindungsfrist über einen längeren Zeitraum, zum Beispiel 15 oder 20 Jahre, abgeschlossen wurde. Exakt zehn Jahre nach dem Tag, an dem die Bank einst die Darlehenssumme vollständig ausgezahlt hat, können Darlehensnehmer die Baufinanzierung kündigen. Allerdings ist eine sechsmonatige Kündigungsfrist einzuhalten. Das bedeutet: Nach zehn Jahren und sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Kreditauszahlung kann eine Baufinanzierung vollständig zurückgezahlt werden, ohne dass Vorfälligkeitsentschädigung anfällt. Geregelt ist das in § 489 Abs. 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).
Einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19. Januar 2016 (Az. XI ZR 103/15) zufolge ist es Banken nicht erlaubt, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu erheben, wenn die Bank selbst die Baufinanzierung kündigt, etwa wegen Zahlungsverzugs des Darlehensnehmers.
Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung vermeiden können auch alle Kreditnehmer, die von ihrer Bank eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung erhalten haben. Zahlreiche Darlehensverträge verschiedener Banken aus den letzten Jahren enthielten fehlerhafte Widerrufsbelehrungen. Fehler in der Belehrung bewirken, dass Immobilienkäufer ihre Baufinanzierung auch noch nach der im Darlehensvertrag genannten Widerrufsfrist zurückgeben können. Die Bank muss in diesem Fall der Kreditablöse zustimmen und darf keine Vorfälligkeitsentschädigung berechnen. Allerdings kann es sein, dass Kreditnehmer die Unterstützung eines Anwalts benötigen, um ihr Recht durchzusetzen. Des Weiteren ist dies unter Umständen problematisch, denn stimmt die Bank der vorzeitigen Ablöse zu, ist das Geld in der Regel innerhalb von vier Wochen zurückzuzahlen. Kann der Darlehensnehmer dies nicht aus Eigenkapital, setzt er sich selbst für seine neue Finanzierung unter Zeitdruck.
Tipp: Weitere Infos zur fehlerhaften Widerrufsbelehrung finden Sie auch im Abschnitt Vorfälligkeitsentschädigung BGH Urteile.
Wenn jemand eine Immobilie wieder verkauft, deswegen das Darlehen vorzeitig zurückzahlt und dafür eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen muss, kann er diese nicht als Werbungskosten von der Steuer absetzen. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Urteil (Az. IX R 42/13) vom 11. Februar 2014 entschieden. Schon in einem Urteil (Az. VIII R 34/04) aus dem Jahre 2005 stellte der BFH klar, dass in diesem Fall der Verkauf der Immobilie die Entschädigungszahlung begründet. Die Zahlung der Vorfälligkeitsentschädigung steht in keiner Verbindung zur Vermietung der Immobilie. Diese ist jedoch ausschlaggebend dafür, um eine Vorfälligkeitsentschädigung steuerlich absetzbar zu machen.
Kreditnehmer, die eine vermietete Immobilie gekauft und für diese eine Baufinanzierung abgeschlossen haben, können nicht nur die Zinsen, sondern auch die Vorfälligkeitsentschädigung unter den Werbungskosten in der Steuererklärung bei der Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ absetzen. Vorausgesetzt es handelt sich um eine Immobilie, die bereits vor dem Kauf vermietet wurde und danach weiterhin vom Kreditnehmer vermietet wird und das Darlehen wegen einer Umschuldung vorzeitig getilgt wurde. Die Vorfälligkeitsentschädigung gilt nämlich auch bei einer vorzeitigen Kreditablöse als Nutzungsentgelt für das Darlehen.
Wie hoch die Entschädigungssumme ist, die eine Bank bei vorzeitiger Kreditablöse verlangt, ist von mehreren Parametern abhängig: Neben der Höhe der Restschuld spielen das Ende der Sollzinsbindung, der Sollzinssatz, das aktuelle Zinsniveau, die derzeitige Ratenhöhe, die Häufigkeit der Ratenzahlung (monatlich/vierteljährlich), eventuell im laufenden Jahr bereits vorgenommene Sondertilgungen, der Vertragsbeginn, das Kündigungsdatum und der Tag des Eintreffens der Restschuld bei der Bank eine Rolle bei der Ermittlung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung. Letzten Endes kann sie mehrere tausend Euro betragen.
Wie hoch die Vorfälligkeitsentschädigung ausfällt, berechnet die Bank. Wie sie dabei vorgehen muss, ist gesetzlich nicht geregelt. Totale Willkür kann sie allerdings nicht walten lassen. Denn der Bundesgerichtshof (BGH) hat durch mehrere Urteile dafür gesorgt, dass es zumindest Leitlinien für die Berechnungen gibt. Mehr Informationen zu den wichtigsten Entscheidungen der Höchstrichter finden Sie im Abschnitt Vorfälligkeitsentschädigung BGH Urteile.
Tipp: Um zu überprüfen, ob die von der Bank genannte Summe angemessen ist, können Darlehensnehmer online verfügbare Vorfälligkeitsentschädigungsrechner nutzen oder sich an die Verbraucherzentralen wenden. Wie Sie genau vorgehen müssen, ist hier beschrieben.
Banken können bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung auf zwei Methoden zurückgreifen. Die gängigere ist die Aktiv-Passiv-Methode, doch auch die Aktiv-Aktiv-Methode wird genutzt.
Mit der Vorfälligkeitsentschädigung darf die Bank ihren Schaden begleichen, den sie durch den nicht vollständigen Erhalt der Baufinanzierungszinsen erleidet. De facto entstehen ihr zwei Schäden, die als Margenschaden und Refinanzierungsschaden bekannt sind - aus ihnen setzt sich die Vorfälligkeitsentschädigung zusammen.
Beim Margenschaden handelt es sich um einen Gewinnverlust, der entsteht, weil die Restschuld als Einlage weniger Rendite abwirft als ein Kredit.
Um den Refinanzierungsschaden zu ermitteln, berechnet die Bank die Differenz der unterschiedlichen Zinssätze zum Vertragsbeginn und zum vorzeitigen Vertragsende über die Restlaufzeit.
Im Mittelpunkt der Aktiv-Aktiv-Methode steht die Annahme, dass die erstattete Restschuld als neues Darlehen an einen anderen Kreditnehmer zum marktüblichen Zinssatz weitervermittelt werden kann. Hier würde der Bank durch die vorzeitige Kreditablöse immer dann ein Schaden entstehen, wenn sie die neue Baufinanzierung zu niedrigeren Zinsen vergeben muss als die ursprüngliche.
Bei der Aktiv-Passiv-Methode berechnet die Bank, wie hoch ihr Schaden wäre, wenn sie mit der Restschuld Wertpapiere kaufen würde. Von dem Gewinn, den sie mit den gekauften Wertpapieren erwirtschaften könnte, zieht sie den Vertragszins ab. Also jene Zinskosten, die der Kreditnehmer bis zum Ende der Sollzinsbindung hätte zahlen müssen. Die Differenz ist entscheidend für die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung.
Bei der Aktiv-Passiv-Methode hängt die Höhe der Entschädigungssumme sehr stark davon ab, ob die Banken bei der Berechnung aus Eigeninteresse absichtlich niedrige Zinsen annehmen. Um dieses Vorgehen zu unterbinden, hat der Bundesgerichtshof beschlossen, dass die Konditionen für Hypothekenpfandbriefe als Berechnungsgrundlage heranzuziehen sind. An diese einheitliche Vorgabe haben sich alle Banken zu halten. Des Weiteren dürfen sie bei der Berechnung des Wiederanlagegewinns nicht den Zinssatz für die Restlaufzeit des Darlehens ansetzen, sondern müssen einen gestaffelten Zins verwenden.
Bei beiden Methoden muss die Bank ein Datum für die Wiederanlage der Restschuld festlegen. Üblicherweise rechnet sie für die erste Einschätzung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung mit dem Zinsniveau am Tag der Kündigung. Doch bis der Darlehensnehmer die restliche Kreditsumme tatsächlich zurückzahlt, kann sich der Zinssatz verändern. Weil sie aber erst am Tag der Rückzahlung das Geld tatsächlich wieder anlegen kann, muss sie für die finale Berechnung das Zinsniveau an diesem Tag heranziehen. Sind die Zinsen in der Zwischenzeit gesunken, wird die Summe der Entschädigungszahlung steigen, sind die Zinsen gestiegen, sollte die Vorfälligkeitsentschädigung geringer ausfallen als ursprünglich berechnet.
Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung muss der Darlehensgeber auch berücksichtigen, dass das Ausfallrisiko, also die Möglichkeit, dass der Kreditnehmer sein Darlehen nicht planmäßig zurückzahlt, wegfällt. Das muss die Bank ihm positiv anrechnen und die Entschädigungshöhe entsprechend senken.
Zugunsten der Kunden muss die Bank beim Berechnen der Vorfälligkeitsentschädigung auch bedenken, dass durch die vorzeitige Kreditablöse Verwaltungskosten wegfallen. Der Betreuungsaufwand für Buchungen oder das Bereitstellen von Kontoauszügen entfällt.
Zudem muss der Darlehensgeber die vertraglich vereinbarten, möglichen künftigen Sondertilgungen kostenmindernd berücksichtigen. Das hat der BGH in einem Urteil vom Januar 2016 entschieden.
Dafür, dass die Bank die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung berechnet, darf sie vom Darlehensnehmer eine Gebühr verlangen. Wie hoch diese sein darf, ist nicht gesetzlich geregelt.
Wenn Finanzinstitute die Vorfälligkeitsentschädigung berechnen, haben sie dabei demnach relativ viel Spielraum. Doch nicht immer ist die von der Bank verlangte Summe rechtens. Ein prüfender Blick kann sich lohnen.
Kreditnehmer, die ihre Baufinanzierung vorzeitig ablösen und daher eine Vorfälligkeitsentschädigung bezahlen müssen, fordern die Bank am besten schon direkt bei der Kündigung des Darlehensvertrags dazu auf, ihnen die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung schriftlich mitzuteilen.
Nach dem Erhalt dieses Schreibens kann es sich bezahlt machen, die in dem Dokument enthaltenen Angaben des Kreditinstituts zu überprüfen beziehungsweise durch einen professionellen Gutachter überprüfen zu lassen. Grund dafür gibt es laut den Untersuchungen der Verbraucherzentrale Bremen aus dem Jahr 2013 genug: Zwischen den Jahren 2009 und 2013 lagen die von der Bank berechneten Vorfälligkeitsentschädigungen in rund 40 Prozent der Fälle mehr als ein Zehntel über denen der Verbraucherschützer.
Wer seine Vorfälligkeitsentschädigung prüfen will, sollte deshalb zunächst kontrollieren, ob in dem Schreiben der Bank zur Vorfälligkeitsentschädigungshöhe die Quelle und das Gültigkeitsdatum des zur Berechnung verwendeten Wiederanlagezinses genannt wird. Ebenso wichtig sind die Angaben, wie hoch die Verwaltungs- und Risikokosten sind, die sich die Bank durch die vorzeitige Kreditablöse spart. Die Höhe der von der Bank für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erhobenen Bearbeitungsgebühr sollte das Kreditinstitut ebenfalls anführen. Zudem sollte prüfbar sein, ob das Geldhaus die Sondertilgungen bedacht hat, die der Darlehensnehmer noch hätte vornehmen können. Fehlen eine oder mehrere dieser Informationen, sollten sich Darlehensnehmer unbedingt noch einmal an ihre Bank wenden und diese einfordern.
Laien können für gewöhnlich ohne fachliche Hilfe nicht abschätzen, ob die Höhe der von der Bank geforderten Entschädigungszahlung gerechtfertigt ist oder nicht. Dabei helfen können Vorfälligkeitsentschädigungsrechner. Nutzer sollten die von diesen Rechnern ermittelten Werte jedoch nur als erste Anhaltspunkte betrachten.
Zeigt der Vorfälligkeitsentschädigungsrechner ein Ergebnis, das grob von der Entschädigungssumme der Bank abweicht, kann es sich lohnen, einen Gutachter einzuschalten. Gegen eine Gebühr erstellen zum Beispiel die Verbraucherzentralen ein Gutachten. Zeigt auch dieses, dass das Entgelt durchaus niedriger sein könnte als von der Bank angesetzt, sollten Kreditnehmer ihr Institut zur Korrektur der Berechnungen und zur Senkung der Gebühr auffordern. Weigert sich das Geldhaus, das zu tun, können sie auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierte Fachanwälte einschalten. Davor sollten sie gegebenenfalls anfragen, ob ihre Rechtsschutzversicherung einen Teil der Anwaltskosten übernimmt. Denn diese nagen wiederum an der Ersparnis, die womöglich durch die Senkung des Entgelts bewirkt werden kann.
Wer seine Baufinanzierung vorzeitig ablösen möchte, sollte die wichtigsten Regelungen zur Vorfälligkeitsentschädigung laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) kennen.
§ 489 BGB Vorfälligkeitsentschädigung: Ordentliches Kündigungsrecht des Darlehensnehmers
Für Verbraucher, die einen Immobilienkredit abgeschlossen haben, ist hier vor allem der erste Absatz entscheidend, denn dieser richtet sich an Darlehensnehmer mit einem Darlehensvertrag mit gebundenem Sollzinssatz – das ist bei den meisten in Deutschland abgeschlossenen Baufinanzierungen der Fall. Der Abschnitt behandelt das ordentliche Kündigungsrecht und besagt, dass eine Kündigung des Darlehensvertrags nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang der Darlehenssumme unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten immer möglich ist.
§ 490 BGB Vorfälligkeitsentschädigung: Außerordentliches Kündigungsrecht
Im § 490 BGB beschreibt der Gesetzgeber das außerordentliche Kündigungsrecht und formuliert ganz klar: „Der Darlehensnehmer hat dem Darlehensgeber denjenigen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der vorzeitigen Kündigung entsteht (Vorfälligkeitsentschädigung).“
§ 502 BGB Vorfälligkeitsentschädigung
Dieser Paragraph besagt, dass der Darlehensgeber eine „angemessene“ Vorfälligkeitsentschädigung verlangen darf, „wenn der Darlehensnehmer zum Zeitpunkt der Rückzahlung Zinsen zu einem gebundenen Sollzinssatz schuldet“, also während der Zinsfestschreibung. Zudem regelt § 502 BGB, wann kein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung besteht.
Am 19. Januar 2016 hat der Bundesgerichtshof (BGH) (Az. XI ZR 388/14) eine Klausel im Kreditvertrag, nach der zukünftige Sondertilgungsrechte bei der Berechnung der Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung nicht berücksichtigt werden, als ungültig erklärt. Banken müssen daher auch Sondertilgungen, die Kunden noch hätten vornehmen können, zugunsten der Darlehensnehmer kostenmindernd berücksichtigen. In diesem Rechtsstreit siegte die Verbraucherzentrale Hamburg in letzter Instanz gegen die Sparkasse Aurich-Norden.
Am selben Tag hat der Bundesgerichtshof in einem anderen Fall (Az. XI ZR 103/15) ebenfalls zugunsten der Verbraucher entschieden. Dem BGH-Urteil zufolge ist es Banken nicht erlaubt, eine Vorfälligkeitsentschädigung zu erheben, wenn sie selbst die Baufinanzierung wegen Zahlungsverzugs des Kreditnehmers vorzeitig kündigen.
Gleich in drei Urteilen (Az.: XI ZR 33/08, XI ZR 456/07 und VIII ZR 219/08) hat der BGH im Jahr 2009 entschieden, dass der Beginn der Widerrufsfrist deutlich aus dem Kreditvertrag hervorgehen muss. Ist dieses Datum nicht klar benannt – wie in den folgenden drei Formulierungen – gilt die Widerrufsbelehrung als fehlerhaft.
Bankkunden, in deren Vertragsunterlagen sich eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung befindet, können den Kredit auch nach Jahren noch widerrufen, ohne mit einer Vertragsstrafe rechnen oder eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu müssen.