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Euroweiter Sparerschutz
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Chancen und Risiken der neuen europäischen Einlagensicherung

München, 01.07.2016 | 10:02 | fra

Die EU-Kommission will, dass künftig alle Euroländer gemeinsam bei einer Bankenpleite haften. Deutsche Sparer sind davon wenig angetan. Welche Ziele die EU verfolgt und welche Gefahren die neue Einlagensicherung birgt.

EU Flaggen
Sowohl deutsche Sparer als auch die Bundesregierung lehnen die Pläne einer gemeinschaftlichen Einlagensicherung im Euroraum ab.
National statt international: Knapp zwei Drittel aller Deutschen bevorzugen es, wenn die Sicherheit ihrer Spareinlagen im Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung bleibt. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Forsa-Umfrage im Auftrag des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). „Die Sparer in Deutschland haben sehr hohes Vertrauen in die bestehenden eigenverantwortlichen Sicherungseinrichtungen. Sie wissen, dass ihr Erspartes sicher ist“, begründet Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon das Ergebnis. Das müsse auch in Zukunft so bleiben.

Die EU-Kommission ist da allerdings anderer Meinung. Sie fordert ein gemeinschaftliches System zur Einlagensicherung, an dem sich alle Euroländer beteiligen.

Status quo: die gesetzliche Einlagensicherung der EU

Zwar sind die Guthaben privater Sparer schon jetzt EU-weit bis zu einer Höhe von 100.000 Euro pro Kunde und Bank abgesichert. Diesen gesetzlichen Sparerschutz zu gewährleisten liegt allerdings bisher in der Verantwortung der einzelnen Euroländer. Jedes Mitglied der Währungsunion verfügt gegenwärtig über ein eigenes Einlagensicherungssystem. In Deutschland etwa sorgen bei einer Bankenpleite die Entschädigungseinrichtung deutscher Banken (EdB) und die Entschädigungseinrichtung des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (EdÖ) dafür, dass Sparer ihr Geld zurückerhalten. Dafür zahlen die Mitglieder in einen gemeinsamen Fonds ein – mit Ausnahme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken, für die die Teilnahme nicht verbindlich ist. Sie sichern die Anlagen ihrer Sparer anderweitig ab (siehe letzter Kasten).

Die EU hat in der Vergangenheit kontinuierlich an der Verbesserung der bestehenden nationalen Einlagensicherungssysteme gearbeitet und dabei einheitlich geregelt, über wie viel Geld diese künftig verfügen müssen. Bis zum Jahr 2024 müssen die nationalen Fonds demnach Rücklagen in Höhe von 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen bilden. Darunter fallen sämtliche Bankguthaben privater Sparer und Unternehmer bis 100.000 Euro. Für einen Kunden etwa, der 10.000 Euro bei seiner Bank deponiert hat, sind so 80 Euro als Sicherheit im Fonds vorhanden. Das erscheint zunächst recht wenig. Da eine Bank jedoch nicht allein haftet, sondern bei einer Bankenpleite die Gelder aller teilnehmenden Banken herangezogen werden, ist für eine ausreichende Entschädigung gesorgt. Dieses Prinzip der gemeinschaftlichen Haftung will die EU-Kommission nun auf die gesamte Eurozone ausweiten.

Der Plan: eine grenzüberschreitende Einlagensicherung

„Für eine einheitliche Währung ist ein einheitliches und voll integriertes Finanzsystem […] unverzichtbar“, findet die EU-Kommission und hat daher im November 2015 eine euroraumweite Einlagensicherung vorgeschlagen. Das sogenannte European Deposit Insurance Scheme (EDIS) soll die Auswirkungen einer Bankenpleite minimieren und das nach der Finanzkrise erschütterte Vertrauen in das Bankensystem der Eurozone stärken. Für Mitglieder der Währungsunion wäre die Mitwirkung an der neuen Einlagensicherung Pflicht. Alle übrigen Staaten der EU könnten freiwillig daran teilnehmen.Bis der neue europäische Sparerschutz greift, sollen aber noch einige Jahre vergehen. Der Startschuss für die schrittweise Einführung soll 2017 fallen.

Der Fahrplan für die schrittweise Vergemeinschaftung der Einlagensicherung

2017-2020: Rückversicherung: Die Mitglieder der Eurozone garantieren weiterhin selbst für die gesetzliche Einlagensicherung. Erst, wenn die eigenen Mittel aufgebraucht sind, weil etwa zu viele Sparer gleichzeitig entschädigt werden müssen, beteiligt sich die euroweite Einlagensicherung (EDIS). Dafür müssten die Banken der Währungsunion einen Teil ihrer jährlichen Beiträge künftig in den internationalen Fonds (Deposit Insurance Fund, DIF) einzahlen.

2021-2024: Mitversicherung: Die Euroländer sind nicht mehr verpflichtet, eigenes Kapital für die Einlagensicherung einzusetzen. EDIS springt bei einer Bankenpleite ab dem ersten Euro ein. Durch regelmäßige Einzahlungen der Banken im Euroraum steht dem System immer mehr Geld zur Verfügung, um bei einer Bankenpleite betroffene Sparer zu entschädigen.

Ab 2024: Vollversicherung: Die europäische Einlagensicherung wird vollends durch EDIS garantiert. Die nationalen Schutzmechanismen für die gesetzliche Einlagensicherung werden abgeschafft.

Fader Beigeschmack: die Nachteile des neuen Sparerschutzes

So plausibel eine gemeinsame Einlagensicherung angesichts der gemeinsamen Währung auch sein mag: Ohne Nachteile kommt sie nicht daher.

Ein Kritikpunkt: Die Mitglieder der Eurozone könnten sich zu stark auf den gemeinsamen Einlagensicherungsfonds verlassen und eigene Maßnahmen zum Schutze ihrer Sparer unterlassen, bemängelt Georg Fahrenschon. Gelder, die für die Sicherheit deutscher Sparer zurückgelegt würden, dürften nicht für Krisenbanken anderer Länder eingesetzt werden, warnte der Sparkassenpräsident bereits im vergangenen Jahr. Gemeinsam mit den Volks- und Raiffeisenbanken sowie weiteren Verbänden der deutschen Wirtschaft gehören die Sparkassen der Initiative „Damit sicher sicher bleibt“ an. Deren Gründer fordern anstelle einer Vergemeinschaftung aller Sicherungseinrichtungen einheitlich hohe Standards.

„Warum Europas besten Sparerschutz gegen einen schlechteren eintauschen?“ titelt die Initiative auf ihrer Website. In Deutschland hätten sich die bisherigen Schutzmechanismen bewährt. Die geplanten Änderungen würden das Vertrauen der Sparer nur beschädigen. Das sieht Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret ähnlich: „Bewährte nationale Systeme dürfen nicht einfach über Bord geworfen werden. Ein leistungsfähiges Sicherheitsnetz für den Finanzsektor muss nicht zwangsläufig europäisch sein“, so Dombret.

Auch die Bundesregierung ist bislang gegen die Pläne der EU-Kommission. So erklärte Angela Merkel in ihrer Rede auf dem 25. Sparkassentag im April 2016, dass es für eine gemeinschaftliche Einlagensicherung angesichts der Schwäche einiger Banken in Europa noch zu früh sei. Diese Ansicht teilt auch der Bundesverband deutscher Banken.

EU schiebt Einlagensicherung auf die lange Bank

Mitte Juni einigten sich die EU-Finanzminister darauf, dass vor einer Einführung von EDIS zunächst die Risiken im europäischen Bankensektor weiter reduziert und Detailfragen geklärt werden müssen. Eine mögliche Vergemeinschaftung des Sparerschutzes zögert sich damit auf unbestimmte Dauer hinaus.
 

Doppelter Sparerschutz in Deutschland

Neben der gesetzlichen Einlagensicherung sind die Guthaben deutscher Sparer bei privaten Banken in den meisten Fällen zusätzlich durch die freiwillige deutsche Einlagensicherung geschützt. Aktuell beteiligten sich etwa 160 Banken am Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken und garantieren so für einen Sparerschutz von mehreren Millionen Euro pro Kunde und Bank.

Guthaben bei den Sparkassen und Genossenschaftsbanken sind indes ab dem ersten Euro durch die Institutssicherung in theoretisch unbegrenzter Höhe abgesichert. Theoretisch deshalb, weil die Institute untereinander frühzeitig aushelfen, um es erst gar nicht zu einer Bankenpleite kommen zu lassen. Erst, wenn das nicht mehr möglich ist, greift die gesetzliche Einlagensicherung. Dafür halten die Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken ein eigenes Sondervermögen bereit.

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